§ 1815 Umfang der Betreuung
(1) Der Aufgabenkreis eines Betreuers besteht aus einem oder mehreren Aufgabenbereichen. Diese sind vom Betreuungsgericht im Einzelnen anzuordnen.
Ein Aufgabenbereich darf nur angeordnet werden, wenn und soweit dessen rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer erforderlich ist.
(2) Folgende Entscheidungen darf der Betreuer nur treffen, wenn sie als Aufgabenbereich vom Betreuungsgericht ausdrücklich angeordnet worden sind:
1. eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Betreuten nach § 1831 Absatz 1,
2. eine freiheitsentziehende Maßnahme im Sinne des § 1831 Absatz 4, unabhängig davon, wo der Betreute sich aufhält,
3. die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts des Betreuten im Ausland,
4. die Bestimmung des Umgangs des Betreuten,
5. die Entscheidung über die Telekommunikation des Betreuten einschließlich seiner elektronischen Kommunikation,
6. die Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post des Betreuten.
(3) Einem Betreuer können unter den Voraussetzungen des § 1820 Absatz 3 auch die Aufgabenbereiche der Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten sowie zusätzlich der Geltendmachung von Auskunfts- und Rechenschaftsansprüchen des Betreuten gegenüber Dritten übertragen werden (Kontrollbetreuer).
In der Praxis werden folgende Aufgabenbereiche am häufigsten übertragen:
Gesundheitssorge / Heilbehandlungsbelange
Der Betroffene muss in alle medizinischen Maßnahmen selbst einwilligen, solange er die Folgen und die Tragweite des Eingriffs erkennen und seinen Willen hiernach äußern kann. Nur wenn die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen nicht vorhanden ist, muss stellvertretend der Betreuer einwilligen. Im Rahmen der Gesundheitssorge klärt der Betreuer dann beispielsweise Fragen wie:
Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Das Unterlassen von medizinisch-therapeutischen Maßnahmen, die einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden nach sich ziehen könnten, sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen. Eine Genehmigungspflicht besteht hier nicht.
Der Betreuer sollte gemeinsam mit dem Betroffenen den geeigneten Aufenthaltsort wählen. Dabei sind die Bedürfnisse und Möglichkeiten des Betreuten zu beachten. In der Praxis kann dies z.B. den Verbleib in der häuslichen Umgebung bei entsprechender ambulanter Hilfe oder einen Umzug in eine geeignete Einrichtung bedeuten. Die Unterstützung durch den Betreuer ist besonders dann wichtig, wenn der Betroffene wegen seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen. Werden innerhalb dieses Aufgabenkreises Entscheidungen gegen den Willen des Betreuten notwendig, z.B. die Unterbringung in einer Einrichtung oder freiheitsentziehende Maßnahmen, so muss hierzu eine Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt werden.
Die Vermögenssorge kann sich auf alle finanziellen Angelegenheiten beziehen oder aber unter Berücksichtigung des Erforderlichkeitsgrundsatzes auf einzelne Aufgabenbereiche beschränken. Der Betreuer ist beispielsweise für die folgenden finanziellen Angelegenheiten zuständig:
Die Aufgabe des Betreuers besteht in erster Linie darin, das vorhandene Vermögen zu sichern und vor finanziellen Verlusten zu schützen. Er ist gegenüber dem Amtsgericht zur Rechnungslegung (Vermögensverzeichnis, Belege, Quittungen) verpflichtet. Einige finanzielle Regelungen, wie bestimmte Geldanlagen oder die Wohnungskündigung muss das Gericht vorab genehmigen.
Dieser Aufgabenkreis ist eigentlich schon in den Aufenthalts-, Vermögens- und Gesundheitsangelegenheiten mit eingeschlossen. Dennoch wird er nochmals hervorgehoben, um mögliche Lücken bei der gesetzlichen Vertretung zu vermeiden.
Zu diesem Aufgabekreis gehören alle Angelegenheiten, die mit der Wohnsituation des Betreuten zu tun haben.
Im Mittelpunkt stehen Tätigkeiten, die mit der Beschaffung und Erhaltung von Wohnraum für den Betreuten zu tun haben. Das beinhaltet sowohl die laufenden Mietzahlungen als auch z.B. die Abwendung einer Räumungsklage und ggf. Regulierung der Mietschulden. Somit sind Kontakte und Gespräche mit Wohnungsbaugesellschaften, sonstigen Vermietern, Wohnungsbehörden, Wohngeldstellen, Maklern, Wohnungsverwaltern, Hausmeistern und ähnlichen Personen und Stellen zu führen. Ggf. sind für Betreute Anträge auf Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen zu stellen, Anträge auf Wohngeld oder Lastenzuschuss usw.. Für die Auflösung einer Wohnung (beispielsweise wegen Umzug in eine Senioreneinrichtung) ist die Genehmigung des Betreuungsgerichtes erforderlich. Da bei diesem Aufgabenkreis auch finanzielle Regelungen eine Rolle spielen (z.B. Mietzahlungen), werden diese Angelegenheiten häufig durch den Aufgabenkreis der Vermögenssorge erweitert.
Post- und Fernmeldeangelegenheiten sind vom Grundgesetz ein besonders geschütztes Rechtsgut und werden deshalb als gesonderter Aufgabenkreis benannt. Der Betreuer kann Entscheidungen über den Fernmeldeverkehr treffen und die Post des Betroffenen entgegennehmen, öffnen und je nach Lage an den Betroffenen aushändigen bzw. nicht aushändigen.